HANS B: Eva-Maria Horstick »Treppentwist…«

04. bis 28. September 2025 // Eröffnung am 04.09. um 18:30 Uhr

 

Eva-Maria Horstick – Kunst an den Grenzen: Mode, Krieg, Städte und die Töchter der Erde
Mode und Menschlichkeit, Krieg und Würde, dokumentierte Realität und poetische Verwandlung – Eva-Maria Horstick vereint scheinbare Gegensätze in einer künstlerischen Praxis, die keine blinden Flecken kennt. Sie ist eine Grenzgängerin: zwischen Oberfläche und Tiefe, zwischen Bild und Erfahrung, zwischen Licht und Dunkelheit. Ihr Leben führte sie durch verschiedene Welten – vom Glanz der Mode bis an die Frontlinien des Balkankriegs, von urbanen Nächten bis zu seelischen Landschaften, die keine Kamera ganz erfassen kann. All das wird in ihrer Arbeit sichtbar – leise, intensiv und unverkennbar.


Krieg gesehen, nicht erdacht
Eva-Maria Horstick spricht nicht aus der Distanz über den Krieg – sie hat ihn gesehen. Im Kosovo war sie nicht nur Zeugin, sondern Teil einer Realität, in der die Menschlichkeit auf dem Prüfstand stand. Inmitten zerstörter Städte und traumatisierter Menschen begann sie ihre erste dokumentarische Arbeit gegen Menschenhandel – Bilder, Interviews, Aufnahmen, die sich dem Vergessen verweigern. Sie dokumentierte, was nicht verschwinden darf: Gewalt, Ausbeutung und menschliche Würde.

Diese Erfahrungen sind keine Randnotiz – sie sind zentral für ihren künstlerischen Ansatz. Ihre Kunst fragt: Wie bewahren wir Würde in einem System, das sie entzieht? Wie sprechen wir über Schmerz, ohne ihn zu verraten? Ihre Antwort: Indem sie das Unsichtbare zeigt, zuhört, erzählt – mit Empathie, nicht mit Spektakel.

Mode als Code, nicht als Flucht
Eva-Maria Horstick kennt die Modewelt. Sie hat in ihr gearbeitet, sie inszeniert, aber auch dekonstruiert. In ihren Projekten steht Mode nicht für Konsum oder reine Schönheit, sondern für eine Oberfläche, die von etwas Tieferem spricht. In Serien wie „Töchter der Erde“ begegnen sich Models und Nicht-Models auf Augenhöhe. Es geht um Präsenz, Menschlichkeit und Sichtbarkeit von Diversität – nicht um Körpernormen oder ästhetische Standards.

„Töchter der Erde“ bringt Frauen aus unterschiedlichen Lebensrealitäten zusammen – nicht um Unterschiede zu betonen, sondern um Verbindungen sichtbar zu machen. Es ist ein Gegennarrativ zum traditionellen Modeideal: Frauen, die Geschichten tragen – im Blick, in der Haltung, in den Narben. Jedes Bild wird zu einem stillen Akt der Würde.

Nächtliche Städte – wenn Orte ihr Gesicht verlieren
Ein weiteres zentrales Element in Horsticks Werk ist die Fotografie nächtlicher urbaner Landschaften. Keine verschwommenen Frauenbilder, wie manchmal fälschlich angenommen – sondern Städte, die ihr Gesicht verloren haben. Im Dunkeln verlieren sie Struktur, Orientierung, Definition. Klare Linien lösen sich auf, Lichtpunkte flackern, Fassaden verschwimmen. Was bleibt, ist Atmosphäre – ein Gefühl von Isolation, Unruhe oder Stille, das sich in den urbanen Raum einprägt.

Diese Werke sind weder rein dokumentarisch noch surreal – sie besetzen einen Zwischenraum, wie vieles in ihrem Schaffen. Auch hier werden sie zu „seelischen Landschaften“ – nicht von Individuen, sondern kollektiven Zuständen. Die verschwindende Stadt steht für eine Welt, in der Identität sich auflöst und Bedeutung fragil wird.

Dokumentation, Dekonstruktion, Würde
Die Kontraste, die Eva-Maria Horstick erforscht, sind nicht künstlich konstruiert – sie entspringen ihrem eigenen Leben. Der Kontrast zwischen Krieg und Mode ist kein ästhetisches Mittel, sondern biografische Realität. Zwischen dokumentarischer Arbeit gegen Ausbeutung und ästhetischen Erkundungen von Identität liegt kein Bruch, sondern eine verbindende Linie – ein ethischer Faden, der sich durch ihr gesamtes Werk zieht.

Über alle Projekte hinweg bleibt ein Thema zentral: Würde. Ob in der Darstellung von Frauen, der Dokumentation von Gewalt oder der visuellen Behandlung von Stadtlandschaften – Horstick sucht immer nach dem, was bleibt, wenn alles andere wegfällt. Ihre Kunst ist kein Ort des Spektakels, sondern der Reflexion, der Fragen, der Menschlichkeit.

Kunst als Haltung, nicht als Dekoration
In einer Zeit, in der Kunst oft auf Likes, Trends oder Marktwert reduziert wird, steht Eva-Maria Horstick für eine andere Haltung: Kunst als Position. Ihre Arbeit fordert aufmerksames Sehen, Innehalten, Empathie. Sie stellt Fragen, wo andere Antworten geben. Sie enthüllt, wo andere ablenken. Ihre Bilder sind oftmals unbequem und tief einladend – weil sie nicht diktieren, sondern Raum eröffnen.

Weitere Infos


Eva-Maria Horstick „Treppentwist…“

04. bis 28. September 2025

Eröffnung am 04.09. um 18:30 Uhr

Öffnungszeiten:
Donnerstags 16 bis 19 Uhr
Samstags 13 bis 16 Uhr

HANS B, Hansastraße 6-10, 44135 Dortmund


Ein Projekt im Rahmen von KOMMEN BLEIBEN GEHEN – Kreative Projekte an temporären Orten.


 

(c) Eva-Maria Horstick