SUPERRAUM: DIE KONSEQUENZ

Fotografische Positionen zum Zustand von Lebensräumen

 

Mit Arbeiten von: DOCKS Collective, Jan Richard Heinicke, Daniel Sadrowski und Thomas Wrede.

Jede Handlung zieht Konsequenzen nach sich – manchmal fast unbemerkt, manchmal mit großer Tragweite, manchmal positiv und manchmal mit vorher ungeahnten Folgen. Handlungen können natürlich auch Fehler erzeugen, aber sobald man diese erkennt, sollten sie nicht ständig wiederholt werden.

Die Ausstellenden dokumentieren auf unterschiedliche Weise den Zustand der Welt. In Ihren Arbeiten zeigen sie die Auswirkungen von Entscheidungen in der Vergangenheit, die drohenden und daraus resultierenden Gefahren und den Versuch, Prozesse durch Aktivismus zu verändern. Zu sehen sind aber auch Ansätze für Auswege aus vermeintlich festgeschriebenen Lebensrealitäten.

Die Fotograf*innen schauen auf Gruben und Landschaften, auf Relikte des Protestes, auf das, was passiert, wenn Flüsse zu reißenden Fluten werden und auf Städte, in die das Grün zurückkehrt. Sie schaffen eindringliche Dokumente, die das Unmögliche, aber auch das Mögliche festhalten.


DIE KONSEQUENZ – Fotografische Positionen zum Zustand von Lebensräumen

Laufzeit: 21. März bis 20. April 2024

Ort: SUPERRAUM, Brückstraße 64, 44135 Dortmund

Eröffnung: 21. März 2024 um 18:30 Uhr

Öffnungstage:
Donnerstags von 16 bis 20 Uhr
Freitags von 16 bis 20 Uhr
Samstags von 12 bis 16 Uhr
(an Feiertagen und Ostersamstag geschlossen)

Eintritt frei!


Jan Richard Heinicke | The City in the Forest (2019)

Singapur wächst. Lebten in der 50er Jahren noch rund eine Millionen Menschen in dem kleinen asiatischen Stadtstaat, so hat sich die Bevölkerungszahl seit dem versechsfacht. Damit einher gehen verschiedene Probleme. Bauland wird sehr knapp, es muss zwischen landwirtschaftlicher und sonstiger Nutzung abgewogen werden und die Masse an Menschen erhitzt die Stadt durch seine Anwesenheit massiv. Und ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen.

Der Staat wird durch sein tropisches Klima besonders unter den klimatischen Veränderungen der nächsten Jahre leiden. Die Tage werden heißer, die Luftfeuchtigkeit steigt weiter an. Durch den Anstieg der Bevölkerung und die Konversion von landwirtschaftlicher Fläche in Bauland ist das Land zudem extrem abhängig von Lebensmittelimporten.

Um diese Probleme anzugehen muss der Staat grüner werden. Singapur kann dabei als großes Labor verstanden werden. Die oben genannten Probleme werden aufgrund der geringen Fläche des Stadtstaates schneller deutlich als in anderen Megastädten und aufgrund des Wohlstands werden viele Dinge ausprobiert. Dies geschieht auf unterschiedlichen Ebenen. In der Architektur wird immer mehr auf Fassadenbegrünung gesetzt und es werden Parkflächen in und auf Gebäuden geschaffen, Baulücken und Dächer werden zu Farmen umgebaut. Aber auch im Verkehrssektor wird experimentiert. Der öffentliche Nahverkehr wird ausgebaut, der motorisierte Individualverkehr reglementiert.

Vor diesem Hintergrund habe ich Unternehmen und Projekte besuchen, die sich mit grüner Architektur, urbaner Landwirtschaft und modernen Verkehrskonzepten auseinandersetzen. Ziel war es nach modernen Lösungsansätzen in der Stadtplanung zu suchen, die sich auch auf andere Städte in den Tropen übertragen lassen, einer Klimazone, die besonders unter dem Klimawandel leiden wird und schon heute von knapp der Hälfte der Menschheit bewohnt wird.

The City in the Forest, © Jan Richard Heinicke

Ausstellungsansicht „The City in the Forest“ von Jan Richard Heinicke (Foto: Christian Weyers)


Daniel Sadrowski | Lützi lebt

„Im Dezember 2022, genau gesagt am 1. Weihnachtstag, habe ich den besetzten Weiler Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier besucht. Die Räumung war Anfang Januar 2023 geplant. Viele Aktivist*innen waren in den Weihnachtsferien, so konnte ich die Strukturen und die Protest Architektur im kühlen Winterlicht menschenleer fotografieren. Bei der großen Demo am 14. Januar 2023 habe ich mit demonstriert für Klimagerechtigkeit.“  (Daniel Sadrowski)

Lützi lebt, © Daniel Sadrowski

Austellungsansicht „Lützi lebt“ von Daniel Sadrowski (Foto: Christian Weyers)


DOCKS Collective | Ein Jahr entlang der Ufer

Innerhalb von zwei Tagen fiel in Teilen Westdeutschlands mehr als das Doppelte der für den gesamten Monat erwarteten Niederschlagsmenge. Flüsse traten über die Ufer und schwemmten beinahe ganze Dörfer weg. Über 180 Menschen verloren ihr Leben, tausende weitere ihr Zuhause. Die Tage und Nächte vom 13. bis 15. Juli 2021 gelten in Deutschland inzwischen als Jahrhundertkatastrophe.

Die drastischen Auswirkungen des Klimawandels, die für die Menschen in Mitteleuropa weit weg zu sein schienen, sind nun auch in Deutschland angekommen. Seit dem 15. Juli 2021 fotografiert das Kollektiv DOCKS in den betroffenen Regionen, um ein umfangreiches Dokument dieses historischen Ereignisses und seiner Nachwirkungen zu schaffen. Der fotografische Essay „Ein Jahr entlang der Ufer“ dokumentiert die Zerstörung, den Schmerz und die Mühen des Wiederaufbaus in den überfluteten Gebieten.


Ein Jahr entlang der Ufer, © DOCKS Collective

Ausstellungsansicht „Ein Jahr entlang der Ufer“ von DOCKS Collective (Foto: Christian Weyers)


Thomas Wrede | Samsø & Das Gletscherprojekt „Weiß war der Schnee“

Thomas Wrede zeigt in der Ausstellung Arbeiten aus zwei Werkreihen, die sich beide mit der Thematik der „verpackten“ Landschaft in unterschiedlichen Kontexten beschäftigen. Die Werkreihe „Samsø“ über die Deponierung von Folien in der Landwirtschaft ist bereits in den 90er Jahren entstanden. Durch Pressebilder, die abgedeckte Gletscher zeigten inspiriert, griff Thomas Wrede die Thematik erneut auf und arbeitet seit 2017 an dem Gletscherprojekt „Weiß war der Schnee“.

Samsø
„Alljährlich verschwindet im Frühjahr ein Großteil der dänischen Urlaubsinsel Samsø unter Plastikfolien. Lange, glitzernde Bahnen aus Polyäthylenfolie decken die Kartoffelfelder gegen Wind und kühles Wetter ab, um die begehrten Frühjahrskartoffeln noch schneller und früher reifen zu lassen. Bis Mitte der 1990er-Jahre deponierte man die Folie nach ihrer einmaligen Verwendung in der kargen und weiten Hügellandschaft. Viele Möglichkeiten der Entsorgung und Wiederverwertung wurden diskutiert und erfolglos erprobt. Man verbrannte die Polyäthylenfolie, transportierte sie zur Wiederverwer tung nach Indien oder verschiffte sie zum Recyclen nach Schweden. Ab 1990 mussten die Bauern die gebrauchte Folie wieder aufrollen, damit sie besser in Erdmulden oder unter Erdwällen zur Abgrenzung von Feldern vergraben werden konnte. Die kompakten Rollen wurden jedoch durch Wind und Regen wieder freigelegt. Dies war der Ausgangspunkt für das Fotoprojekt Samsø, welches in den Jahren von 1991 bis 1995 entstand. 1997 präsentierte ich meine Fotografien in der Produzentengalerie „Image“ in Aarhus. Ein Naturwissenschaftler und Lehrer von der Insel Samsø war von dieser Ausstellung so betroffen, dass er eine grundlegende Recyclinglösung für die Agrarfolie entwickelte und bis heute eine internationale Firma für Kunststoffrecycling betreibt. Im Laufe der letzten Jahre ist die Insel Samsø zu einem Vorzeigeprojekt für ökologische Projekte und erneuerbare Energien geworden.“ (Thomas Wrede)

Gletscherprojekt „Weiß war der Schnee“
„Seit 2017 erarbeite ich diverse fotografische Werkreihen über das Abschmelzen der alpinen Gletscher. Hierbei interessieren mich besonders die Vliesabdeckungen zum Schutze der Gletscher und Schneefelder. Ich will Bilder zwischen Dokumentation und subjektivem Sehen finden, die die Spuren der Klimakrise und die rapiden Veränderungen mitten in Europa sichtbar werden lassen.“ (Thomas Wrede)

ohne Titel, Fotografie aus der Werkreihe „Samsø“ (1991-95), Fotografie auf Barytpapier, 45 x 70 cm, Thomas Wrede, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024


 

Ein Jahr entlang der Ufer, © DOCKS Collective