Mit multimedialen Installationen eröffnet das Künstlerduo Jana Kerima Stolzer und Lex Rütten einen neuen Blick auf die Natur – dafür wurden sie am 8. Dezember 2024 mit dem Förderpreis für junge Künstler*innen der Stadt Dortmund ausgezeichnet.
Welche Geschichten erzählt uns die Welt, die wir nicht sehen können? Was bleibt unbemerkt, wenn Flora und Fauna ihre stillen Dialoge führen? Das Künstlerduo Jana Kerima Stolzer und Lex Rütten nimmt sich diesen Fragen an und verleiht den unsichtbaren Welten mit ihren multimedialen Installationen eine Stimme. Für ihr Schaffen erhielten sie am Sonntag, 8. Dezember, den Förderpreis der Stadt Dortmund für junge Künstler*innen in der Sparte „Bildende Kunst und Design“. Oberbürgermeister Thomas Westphal überreichte die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung im Rathaus. Dr. Pia Wojtys, Geschäftsführerin des Künstlerhauses Dortmund, hielt die Laudatio.
Innovative Kunst im Zeitalter des Anthropozäns
Das Künstlerduo, das seit 2016 zusammenarbeitet, erforscht in seinen multimedialen Installationen die komplexen Wechselwirkungen zwischen der natürlichen Umwelt, technologischen Eingriffen und menschlichen Einflüssen. „Der Förderpreis zeigt, was an Nachwuchskraft in dieser Stadt sichtbar ist – wie vielfältig und neu unsere Kultur in Dortmund ist. Das machen wir heute deutlich und zeichnen Jana Kerima Stolzer und Lex Rütten mit diesem Preis aus“, betonte Oberbürgermeister Thomas Westphal.
Wichtiges Element in ihrem Werk sind eigenständige „Charaktere“, die in vielen Arbeiten eine zentrale Rolle spielen: digitale Wesen, die durch 3D-Scans, Soundaufnahmen und Motion-Tracking entstehen und Organismen oder Pflanzen verkörpern. Diese Zwitterwesen zwischen künstlicher und natürlicher Welt erzählen oder singen über ihre Entstehung, ihr Aussterben oder ihre Funktion in komplexen Ökosystemen. Durch diese multimediale Erzählweise wird das Unsichtbare erfahrbar und eröffnet neue Perspektiven auf unsere Umwelt.
Aufmerksamkeit durch die erste Einzelausstellung
Ihre erste institutionelle Einzelausstellung im HMKV im Dortmunder U, „We grow, grow and grow, we’re gonna be alright and this is our show“, brachte das Duo 2023 ins Zentrum der aktuellen Kunstszene. In der Schau ließen die Künstler*innen sieben verschiedene „Charaktere“ zu Wort kommen, die unter anderem von den Umständen erzählten oder sangen, unter denen sie in der Natur entstanden, ausgestorben oder durch Geoengineering und Klonung manipuliert wurden.
Ihre VR-Installation „a RubBLes LaMEnT“ (2022/23) verbindet zudem Geschichte und Sagen des Ruhrgebiets mit den geologischen Spuren des Kohlebergbaus. „Ihre Kunst ist eine Einladung, unsere Umwelt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, sie neu zu entdecken und unsere Perspektiven zu hinterfragen“, hob Dr. Pia Wojtys in ihrer Laudatio hervor.
Kunst zwischen Technik und Natur
In ihrer jüngsten Installation „Neophyte – an Industrial Opera of Plants and Pioneers“, die im November 2024 in Nova Gorica, Slowenien, gezeigt wurde, widmeten sich Jana Kerima Stolzer und Lex Rütten eingebürgerten Pflanzen. Im Zentrum standen wild wachsende Gewächse, die ehemalige Industrieflächen besiedeln.
Diese Pionierpflanzen erzählen in der multimedialen Oper ihre Migrationsgeschichten in Liedern. Die Installation stellt widerstandsfähige Pflanzen, Moose und Pilze als Protagonisten dar, die einerseits die regenerativen Kräfte dieser Arten sichtbar machen, andererseits die Verdrängung heimischer Gewächse kritisch thematisieren.
Juryentscheidung und Bedeutung des Preises
Der Förderpreis der Stadt Dortmund für junge Künstler*innen wird seit 1978 alle zwei Jahre in wechselnden Kunstsparten verliehen. Dieses Jahr entschied eine Jury, bestehend aus Vertreter*innen der Politik und Kunstszene, über die Vergabe. „Das Schaffen von Jana Kerima Stolzer und Lex Rütten ist ein eindrucksvoller Beleg für die hohe künstlerische Qualität, die Dortmund zu bieten hat“, so Wojtys.
Die Stadt Dortmund und das Ruhrgebiet spielen dabei eine wichtige Rolle für ihre künstlerische Entwicklung. „Dortmund hat ihnen viele Türen geöffnet und bietet eine lebendige Kunstszene, die von der reichen industriellen Geschichte und zukunftsweisenden Technologien geprägt ist“, betonte Wojtys. Diese Einflüsse spiegeln sich in ihren Arbeiten wider, die immer wieder die Balance zwischen Vergangenheit und Zukunft aufgreifen und dabei die kulturellen und technologischen Facetten der Region einfließen lassen. So kooperierten die beiden mit dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik , erforschten Flora und Fauna von Industrieruinen wie dem alten Hoesch-Gelände und der Kokerei Hansa und arbeiteten zur Emscher, die von Dortmund ausgehend durch das Ruhrgebiet fließt.