Die nächste Stadtbeschreiberin hat sich vorgestellt: Die Salzburgerin Anna Herzig entdeckt Dortmund
Seit Ende April lebt und schreibt die Salzburgerin Anna Herzig im Dortmunder Kreuzviertel. Die 33-jährige Schriftstellerin hat das Dortmunder Literaturstipendium erhalten und ist die zweite „Stadtbeschreiberin für Dortmund“. Noch bis Ende Oktober wird sie der Stadt und ihren Menschen auf den Grund gehen.
Anna Herzig wurde als Tochter eines Ägypters und einer Kanadierin in Wien geboren; aktuell lebt sie in ihrer Wahlheimat Salzburg. Schon als Jugendliche begeistert sie sich für Literatur und begann im Alter von 14 Jahren mit dem Schreiben. Dabei interessiert sie sich besonders für Menschen, Makel und Abgründe. Eine zentrale Rolle in ihren Texten spielen Fragen der Herkunft und Identität – Themen, die sie kulturenübergreifend und interdisziplinär bearbeitet. Die Jury in Dortmund überzeugte ihr „hintergründig-skurriler, zum Teil bösartiger Stil, der die Tiefen menschlicher Beziehungen ausleuchtet“. Man verspreche sich von ihr, so die Jury, „einen originellen, unverstellten Blick auf die Topografie des Ruhrgebiets“.
Bereits nach kurzer Zeit Dortmund-Fan
Sie habe Dortmund vorher nicht gekannt, sei aber bislang schon in vielen deutschen Städten sehr offen empfangen worden – anders als mitunter in ihrer Heimat Österreich, so Herzig. Über Youtube-Videos habe sie einen ersten Eindruck vom grünen Dortmund erhalten – nun sei sie, nach nur wenigen Wochen in der Stadt, bereits ein Fan. Die Dortmunder*innen habe sie als offen, herzlich, hilfs- und gesprächsbereit erlebt. Über das Stipendium sei sie sehr dankbar: „Es ist mein erstes langes Stipendium und es erlaubt mir, mich ganz auf die Stadt einzulassen, in Ruhe zu beobachten und mich auf die Kunst zu konzentrieren. Nach den vergangenen schwierigen Monaten bin ich sehr froh, dass ich mit den Menschen nun auch wieder ins Gespräch kommen kann.“
Anna Herzig debütierte 2018 mit dem Roman „Sommernachtsreigen“. Im vergangenen Jahr erschien ihr zweiter Roman „Herr Rudi“ (Voland & Quist, 2020), für den sie derzeit eine Drehbuch-Fassung fürs Kino erarbeitet. Außerdem arbeitet sie an einem Theaterstück sowie an ihrem nächsten Roman „Die Auktion“, einer dystopischen Parabel, die im Intercity zwischen Wien und Dortmund spielt und vom Krieg der Geschlechter erzählt, der in ihrem Roman zugunsten der Frauen entschieden worden sei. Den Plan, die Handlung auch in Dortmund spielen zu lassen, habe sie schon gefasst, noch bevor die Entscheidung der Stadtbeschreiber-Jury für sie getroffen worden sei, sagte Anna Herzig.
Drei Lesungen im Literaturhaus
Die Stadtschreiberin veranstaltet und moderiert drei Lesungen mit Autorinnen, die sie selbst einladen durfte. Ihre Wahl fiel auf die Österreicherin Irene Diwiak, die Berliner Autorin Olivia Kuderewski und die vielfach ausgezeichnete Lyrikerin Nora-Eugenie Gomringer aus Bamberg. Irene Diwiak liest am 24. Juli, 19.30 Uhr im Literaturhaus Dortmund aus ihrem Roman „Malvita“ (Zsolnay/Hanser Verlag). Olivia Kuderewski ist am 20. August, 19.30 Uhr zu Gast in Dortmund liest im Literaturhaus aus ihrem Debüt-Roman „Lux“, erschienen bei Voland & Quist, Berlin. Der Lyrik-Abend mit Nora-Eugenie Gomringer folgt am 2. Oktober, 19.30 Uhr.
Virtuelle Matinee
Eigentlich war für Sonntag, 20. Juni, ein digitales Meet and Greet mit der Österreicherin geplant, was jedoch aus Krankheitsgründen verschoben werden muss. Die Veranstaltung wird aber nachgeholt und dann wird Anna Herzig über ihr bisheriges und künftiges literarisches Schaffen, das Kunstschaffen im Allgemeinen und ihre geplanten Projekte in Dortmund plaudern. Veranstalter*innen sind die VHS, die Stadt- und Landesbibliothek und das Kulturbüro, die zu gegebener Zeit über einen Nachholtermin informieren.
Hintergrund
Das Stadtbeschreiber-Stipendium wird jährlich vergeben und setzt sich inhaltlich mit Transformationsprozessen in Dortmund auseinander. In der Zeit ihres Stipendiums arbeitet die Stadtschreiberin eng mit dem Kulturbüro, dem Literaturhaus Dortmund und weiteren Institutionen der regionalen Literaturszene zusammen, bringt sich in die Stadtgesellschaft ein und vernetzt sich mit lokalen Literaturakteur*innen.